Konkurswelle befürchtet: „Unternehmer wurden zu Bittstellern degradiert““
Klaus Hilber, Präsident von Tirols Steuerberatern, fürchtet eine Konkurswelle. Ökonom Leonhard Dobusch warnt vor Überförderung.
Von Alexandra Plank
Innsbruck – Fünf Tage ließ sich Finanzminister Gernot Blümel Zeit, bis er am Freitag den Umsatzersatz konkretisierte, die TT berichtete. Für den Zeitraum der angeordneten Schließung wird den betroffenen Betrieben 80% ihres Umsatzes ersetzt, Basis ist der November-Umsatz 2019, der anhand der Steuerdaten automatisch berechnet wird. Der maximale Auszahlungsbetrag pro Unternehmen ist mit 800.000 Euro gedeckelt, bestimmte Corona-Hilfen müssen gegengerechnet werden, etwa Landesförderungen oder 100-Prozent-Garantien für Kredite. Der Fixkostenzuschuss und die Kurzarbeit werden indes nicht abgezogen. Umsätze von Restaurants mit Essenslieferung oder in Hotels aus Geschäftsreisen zählen auch nicht. Geplant sind zudem Hilfen für Firmen, die nicht direkt vom Lockdown betroffen sind.
Für Klaus Hilber, Präsident der Tiroler Steuerberater, kommen die konkreten Angaben zum Umsatz-Ersatz reichlich spät. Im Minutentakt wandten sich Unternehmer und Kollegen im Laufe der Woche an ihn, die Ankündigung warf viele Fragen auf. Die Lage sei Ernst: „Es ist eine Katastrophe, wenn den Unternehmen nicht rasch geholfen wird, weil Betriebe und Arbeitsplätze verloren gehen.“ Den Hilfen im Frühjahr stellt der Experte kein gutes Zeugnis aus: „Die Unternehmer wurden zu Bittstellern degradiert. Es gibt keine Bescheide und keine Rechtsmittel bei den Hilfen – gegen Ablehnungen kann man sich quasi nicht wehren.“ Rasche, unbürokratische Hilfe sei versprochen worden, doch Zahlungen nach Epidemiegesetz für den März praktisch noch gar nicht erfolgt. „Relativ gut hat der Härtefond funktioniert, doch dieses Geld reicht nur um privat halbwegs durchzukommen.“ Als „Frechheit“ bezeichnet er gar das Totalversagen des Familienfonds.
„Sehe die Gefahr einer Überförderung”
Leonhard Dobusch, BWL-Professor an der Universität Innsbruck und Co-Leiter des Momentum Instituts differenziert: „Den Firmen wurden mittels Kurzarbeit schnell die Personalkosten abgenommen, auch wenn die Abrechnung wegen der zu dünnen Personaldecke im AMS gedauert hat.“ Haftungen, Bankkredite und Steuerstundungen seien auch recht rasch bei den Firmen angekommen. Doch allein aus Salzburg und Tirol gebe es 10.000 Anträge von Betrieben, die auf die Auszahlungen des Verdienstentgangs warten. Die nunmehrige Regelung sei großzügig.
Die erwarteten Umsätze für November 2020 würden wegen der Pandemie auch ohne Lockdown weit unter den Umsätzen des Vorjahres liegen, so Dobusch. „Ich sehe die Gefahr einer Überförderung. Viele Unternehmen haben nicht mehr den Personalstand von 2019, bekommen die Kosten aber trotzdem fiktiv ersetzt. Auch jene, die Leute in Kurzarbeit behalten haben, werden doppelt bezahlt.“ Dazu kämen geringere variable Kosten etwa für Waren- und Materialeinsatz, während des Lockdowns. Über einen fairen Umsatzersatz könne man reden. Eine Doppelt- und Dreifachförderung scheine ihm indes fragwürdig.
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